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Aktuelles

12.01.2020: Der Breuer-Traktor

Viele von unseren Besuchern werden schon einmal vor einem ganz speziellen Gebilde stehen geblieben sein. Da es etwas unförmig aussieht, erkennt man auch nicht gleich den Zweck. Klar ist nur, dass es auf Schienen fährt.
Wir müssen gestehen, dass das Gefährt zu Unrecht bisher nicht einmal Beachtung auf unserer Homepage gefunden hat. Daher möchten wir es nun einmal vorstellen: den Breuer-Traktor

Bei dem Fahrzeug handelt es sich um ein Rangiergerät für Güterwagen. In den damaligen Fabrikanlagen spielte der Bahntransport, auch der innerbetriebliche, eine viel größere Rolle als heutzutage. Waren, auch Vor- und Halbprodukte wurden vielfach mit Güterwagen transportiert. Da zwischen den oft verwinkelt angeordneten Werksgebäuden jedoch kein Platz für Weichen und Gleiskurven mit bahnüblichen Radien war, baute man kleine Drehscheiben im Werksgelände ein. Diese erlaubten es, dass Güterwagen auf der Stelle gedreht und in ein stumpf abzweigendes Ladegleis verbracht werden konnten. Das folgende Bild zeigt solche eine Drehscheibe, auch wenn die abgebildete nicht in einem Industriebetrieb installiert ist, sondern bei unseren Vereinskollegen in Gramzow.

Da solche Drehscheiben in der Regel einen recht kleinen Durchmesser besaßen und damit gerade genug Platz für einen Güterwagen boten, behalf man sich zunächst mit Muskelkraft von Menschen oder Pferden, um die Güterwagen auf die Drehscheiben zu ziehen und nachher auch wieder herunter. Da die Gewichte beladener Güterwagen im Laufe der Zeit stiegen, entwickelte die Firma Breuer in den 1920er Jahren maschinengetriebene Rangierhilfen, die einerseits stark genug waren, um Güterwagen zu bewegen. Andererseits mussten sie so kompakt gebaut sein, dass sie gleichzeitig mit einem Güterwagen auf die Drehscheiben passten. Und so entstand das ungewöhnliche Design des Fahrzeugs.

Im Betrieb fährt der Breuer mit einer Seite unter die Pufferbohle eines Güterwagens, bis die Puffer des Wagens den schwarz-roten Kuppelbalken des Fahrzeugs berühren. Dann wird der Kuppelhaken des Wagens mit der Kuppelöse des Traktors verbunden, damit der Traktor den Wagen ziehen kann.
Zwischen den Rädern des Traktors erkennt man einen Stempel, der mechanisch so weit nach oben ausgefahren werden konnte, dass er unter der Pufferbohle des zu befördernden Güterwagens klemmte. Da dadurch ein Teil des Gewichts des Güterwagens auf dem Stempel und damit auf dem Laufwerk des Traktors ruhte, erhöhte sich das Reibungsgewicht des Traktors. Dadurch drehten seine Antriebsräder nicht so schnell durch und es konnten höhere Lasten bewegt und gebremst werden.
Die Firma Breuer hatte solche Traktoren in fünf verschiedenen Leistungsklassen entworfen. Unserer gehört zur Klasse III, besaß einen Motorleistung von 40 PS und wiegt gut fünf Tonnen. Er wurde Ende der 1930er Jahre gebaut und besaß zunächst einen Benzolmotor. Nach dem Krieg wurde er etwas modernisiert und erhielt einen luftgekühlten VW-Industriemotor mit vier Zylindern und 40 PS, der stark an den typischen Motor aus einem VW Käfer erinnert.

Unser Fahrzeug stand bis 1994 im Eisenbahnmuseum Hamburg-Wilhelmsburg, das leider durch Brandstiftung zerstört wurde. Danach haben wir es als Dauerleihgabe übernommen und möchten es nun gerne wieder funktionsfähig machen. Da, soweit uns bekannt, kein anderes Eisenbahnmuseum solch ein Fahrzeug betriebsfähig vorhält, ist das sicher ein interessantes Detail in unserer Sammlung.
Am Samstag, den 11.01.2020, haben wir den Fahrstand des Traktors entfernt, um an den Antrieb zu gelangen. Motor, Kupplung, Kardanwelle und Getriebe werden in den nächsten Wochen begutachtet und einer Wartung unterzogen. Drücken Sie uns die Daumen, dass der Zustand eine Inbetriebnahme ermöglicht!


Fahrzeug: Breuer Lokomotor

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